In der Praxis gibt es immer wieder Probleme mit Pflanzen (Hecken, Sträuchern, Bäumen etc.), die über die Grundstücksgrenze wuchern. Die betroffenen Nachbarn stellen sich immer wieder die Frage, welche Rechte und Pflichten sie haben.
Der beeinträchtigte Nachbar kann nicht verlangen, dass der Eigentümer das Anpflanzen an der Grenze unterlässt oder das Hinüberwachsen von Ästen verhindert. Auch die Entfernung durch den Eigentümer kann er nicht verlangen; z.B. auch dann nicht, wenn wegen einer Thujenhecke sein Drahtzaun schneller rostet.
Wenn sich die Äste oder Wurzeln der Pflanze des Nachbarn aber auf den eigenen Grund ausdehnen, kann man diese im Wege der Selbsthilfe abschneiden, entfernen oder sonst wie benützen (§ 422 ABGB Selbsthilferecht). Dabei muss man jedoch fachgerecht vorgehen, um die Pflanze möglichst zu schonen. Da das Gesetz keine weiteren Schranken kennt, kann diese Selbsthilfe unter Umständen sogar dann zulässig sein, wenn die Pflanze an der fachgerechten Entfernung zu Grunde geht.
Fehlen einem selbst die erforderlichen Kenntnisse für ein fachgerechtes Vorgehen, sollte man die Hilfe eines Fachmannes in Anspruch nehmen. Denn das schonungslose und nicht fachgerechte Ausreißen von Wurzeln oder Abschneiden von Ästen ist rechtswidrig und kann zu Schadenersatzansprüchen des Eigentümers der Pflanze führen.
Die notwendigen Kosten für die Entfernung von Wurzeln oder das Abschneiden von Ästen hat der beeinträchtigte Nachbar jedoch selbst zu tragen.
Nur in dem Fall, dass dem beeinträchtigten Nachbarn durch die Wurzeln oder Äste ein Schaden entstanden ist (zb. Hebung der Terrasse, Schäden am Dach) oder der Eintritt des Schadens offenbar droht, hat der Eigentümer der Pflanze die Hälfte der notwendigen Kosten zu ersetzen.
Das oben angesprochene Selbsthilferecht gegen überhängende Äste schließt aber nachbarrechtliche Unterlassungsansprüche des Liegenschaftseigentümers gegen den Überhang (§ 364 ABGB) dann nicht aus, wenn dieser die ortsübliche Benützung des Grundeigentums wesentlich beeinträchtigt und zu einem unzumutbaren Zustand führt, der durch Selbsthilfe nicht leicht und einfach zu beseitigen ist.
Wenn die in das fremde Grundstück hineinragenden Äste aufgrund ihrer Stärke und des schlechten Baumzustandes eine Gefahr für Personen und Sachen darstellen, liegt eine unmittelbare Zuleitung iSd § 364 Abs 2 ABGB vor, die der betroffene Grundstückseigentümer keinesfalls dulden muss und ist in einem solchen Fall eine Klagsführung möglich.
Auch wenn die Benützung des Grundstücks durch den das ortsübliche Maß überschreitenden Entzug von Licht oder Luft unzumutbar beeinträchtigt wird und dieser Zustand nicht durch eine leichte und einfache Ausübung des Selbsthilferechts beseitigt werden kann (zB aufgrund der Höhe und des Ausmaßes des Überhangs), steht dem beeinträchtigten Liegenschaftseigentümer alternativ zum Selbsthilferecht (§ 422 ABGB) die Möglichkeit zur Einbringung einer Unterlassungsklage (gemäß § 364 Abs 3 ABGB) zu.
Es gibt sohin sowohl für den Eigentümer der Pflanze als auch für den beeinträchtigten Nachbarn zahlreiche Rechte und Pflichten und kann ein unbedachtes Vorgehen für beide Seiten zu Schadenersatzansprüchen führen.
Bei Problemen oder Fragen berate ich Sie gerne persönlich, immer nach meinem Motto „Ihr Recht ist meine Sache.“ Vereinbaren Sie noch heute einen Termin!